Eine historische Münze und ihre Geschichte bis hin zur Nachprägung
Für seine Ausstellung „Deutscher Kolonialismus. Fragmente seiner Geschichte und Gegenwart“ ließ das Deutsche Historische Museum Berlin die „Passmarke Swakopmund“ nachprägen.
Anfassen erlaubt – dank einer Kopie können Besucherinnen und Besucher die Messingmarke „Passmarke Swakopmund“ an der Inklusiven Kommunikations-Station im Deutschen Historischen Museum Berlin (DHM) erfühlen. Das Original selbst, das ebenfalls in der Ausstellung hinter Vitrinenglas präsentiert wird, ist schon mehr als 100 Jahre alt: Es steht für die Kolonialherrschaft der Deutschen in der früheren deutschen Kolonie Deutsch-Südwestafrika, dem Gebiet des heutigen Namibia.
Die Deutschen führten die Passmarke nach Ende des Krieges gegen die Herero und die Nama ein, zwei Bevölkerungsgruppen, die sich gegen die koloniale Unterdrückung gewehrt hatten. Alle Herero ab dem Alter von sieben Jahren mussten sie tragen. Darin eingeprägt sind die Kaiserkrone und ein Gebiet, in diesem Fall Swakopmund. Darunter steht eine Nummer.
Passmarke zur Kontrolle
„Jeder bekam eine Nummer, wurde registriert, durfte sich nur in dem jeweiligen Gebiet aufhalten und nicht mehr frei bewegen“, erklärt Sarah Maupeu von der DHM-Bildungsabteilung. Die Passmarke war also ein Kontrollinstrument: Die deutsche Kolonialmacht wollte damit weitere Aufstände verhindern und die Kolonisierten zur Zwangsarbeit einteilen.
Die ovale Original-Passmarke würde sich bei der Berührung von durchschnittlich mehr als 700 Menschen täglich vermutlich nach kurzer Zeit abnutzen oder gar oxydieren. Von den strengen konservatorischen Auflagen ganz zu schweigen. Doch dank der Nachprägung werden die vielfältigen Aspekte von Geschichte begreifbar. Das Deutsche Historische Museum hat sich daher bewusst für diese Kopie der Passmarke entschieden. Zudem erfüllt sie am ehesten die Kriterien, die eine Inklusive Kommunikations-Station erfordert: Geschichte mit allen Sinnen erleben. Mindestens zwei Sinne sollen jeweils an den Stationen angesprochen werden. Die Idee dahinter: Alle sollen einen Zugang zur Ausstellung haben; alle sollen die Möglichkeit haben, den historischen Gegenstand zu erfahren.
Auf die Marke gekommen
Bei der Auswahl der Gegenstände gehe es immer um die Frage: „Welches Objekt ist überhaupt geeignet? Welche Geschichte kann man damit erzählen?“, berichtet Sarah Maupeu. „Uns war sehr schnell klar, dass es auf diese Passmarke hinausläuft“, sagt die Führungsreferentin. Denn die Passmarke stehe für einen bestimmten Themenrahmen – in diesem Fall „Koloniale Herrschaft“ und „Koloniale Weltbilder“. Das Museumsteam sei dann „schnell auf diese Passmarke gekommen“, denn mit ihr könne man sehr viele Geschichten erzählen, erklärt Maupeu. „Man kann über den Krieg sprechen, der davor stattgefunden hat, aber auch aufzeigen, was danach weiter passiert ist, und den Widerstand thematisieren sowie den Völkermord an den Herero und Nama – das sind zentrale Themen in diesem Raum.“
Die Nachprägung der Taler-Passmarke liegt gleich am Anfang der Ausstellung aus. Am Ende des Raumes können Besucher dann die Originalpassmarke in einer Vitrine betrachten – mit spürbarem Aha-Effekt: „Diese Passmarke hatte ich gerade schon in der Hand, so sieht also das Original aus!”
Weitere Infos zur Ausstellung:
Deutscher Kolonialismus. Fragmente seiner Geschichte und Gegenwart
14. Oktober 2016 bis 14. Mai 2017
Deutsches Historisches Museum
Unter den Linden 2
10 117 Berlin
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